Forschung

Konkrete Lösungen für ein Integriertes Wasserressourcen-Management in hydrologisch sensitiven Regionen

In der Internationalen WasserforschungsAllianz Sachsen - IWAS arbeiten etwa 80 Wissenschaftler zusammen mit Partnern aus Wirtschaft und Politik an der Entwicklung spezifischer Lösungen für drängende Wasserprobleme in fünf hydrologisch sensitiven Regionen weltweit im Rahmen eines IWRM. Während in den jeweiligen Regionen unterschiedliche Schwerpunkte an der Schnittstelle Wasser – Mensch untersucht werden, werden die verschiedenen Regionalprojekte durch die gemeinsame Entwicklung von Methoden und Werkzeugen, sowohl im Bereich der Modellierung und Szenarienentwicklung ("IWAS-ToolBox") als auch im Bereich des Capacity Developments, integriert betrachtet.

IWAS-Regionen: Ziele und Lösungsansätze

Das Ziel des IWAS Projektes ist es, konkrete Beiträge zu einem Integrierten Wasserressourcen-Management in fünf hydrologisch sensitiven Weltregionen zu entwickeln (siehe Karte), die vor unterschiedlichen Herausforderungen im Wassersektor stehen.

Osteuropa: Der Fokus dieser Region liegt auf der Verbesserung der Oberflächenwasserqualität im westlichen Teil des Bug, der als Grenzfluss zwischen Ukraine und Polen fließt und schließlich in die Ostsee mündet. Obwohl morphologisch intakt, ist der Fluss durch Einträge aus Landwirtschaft, Industrie, urbane Gebiete und den Bergbau stark belastet. Mit Blick auf die Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die sich in den Nachbarstaaten in der Umsetzungsphase befindet, entwickelt und implementiert IWAS Methoden der Natur- und Sozialwissenschaften für die Verbesserung der Gewässerqualität. Neben der Identifikation der Quellen und Pfade und der Analyse der Institutionen, durch die die entwickelten Maßnahmen schließlich umgesetzt werden müssen, werden modernste Technologien, wie die Kombination von Emissionsreduktion und gewässerinternen Maßnahmen und die Nutzung von Klärschlamm in der Landwirtschaft, weiterentwickelt und implementiert.

Zentralasien: Extreme klimatische Bedingungen, wachsende Bevölkerung, industrieller, landwirtschaftlicher und demografischer Wandel – welche Auswirkungen haben diese globalen Trends in einer Umgebung, deren Natur bis heute in weiten Teilen nahezu unberührt ist? Durch wissenschaftliche Innovationen, wie die Modellkopplung von sozio-ökonomischen und natürlichen Systemen, werden die Einflüsse des globalen Wandels im Kharaa-Einzugsgebiet im Norden der Mongolei untersucht. Prozesszusammenhänge zwischen Hydrologie und Ökologie werden analysiert, Governance und Entscheidungssysteme bewertet und innovative Technologien für die Behandlung und die Wiederverwendung von Abwasserfraktionen in semi-ariden Gebieten weiterentwickelt.
Lateinamerika: Szenarien basierend auf Klimaprognosen deuten an, dass die Hauptstadt Brasiliens (Brasília) in naher Zukunft bedrohlichen Problemen hinsichtlich der Wasserverfügbarkeit für den Trink- und Bewässerungswasserbedarf gegenüberstehen wird. Wird die Stadt heute noch aus Oberflächenreservoirs versorgt, werden diese durch die intensive Landnutzung und die Einleitung von Klärwasser nicht zuletzt qualitativ gefährdet. Gemeinsam mit dem Partnerprojekt Agua-DF entwickelt IWAS, in enger Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern vor Ort, Konzepte zur nachhaltigen Versorgung der Metropolregion Brasília.
Südostasien: Die wachsende Mega-Metropole Hanoi  (Vietnam) sieht sich angesichts der Bevölkerungs- und wirtschaftlichen Entwicklungen der Region ernsthaften Wasserproblemen gegenüber. Aufgrund mangelnder Drainagesysteme treten in vielen Gegenden Hanois regelmäßig Überflutungen und Wasserverunreinigungen auf. Adäquate Abwasserbehandlung, Schlammverwertung und künstliche Grundwasseranreicherung mit der entsprechenden Technologieentwicklung und der Schulung von Wissenschaftlern und Betreibern sind Schritte hin zu einer verbesserten Wasserentsorgungssituation.
Mittlerer Osten: Angesichts des ökonomischen und demografischen Wachstums auf der Arabischen Halbinsel stellt sich die Frage, wie in ariden bis hyper-ariden Gebieten eine nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen erreicht werden kann. Wie können kaum messbare Grundwasserneubildungsraten für riesige, trockene Gebiete bestimmt werden? Gibt es effiziente Managementkonzepte, die die Gefährdung der Grundwasserressourcen durch Salzwasserintrusionen, hervorgerufen durch die Entnahme von Grundwasser für die Bewässerungslandwirtschaft, nachhaltig eindämmen? Von der großräumigen, hochpräzisen Bestimmung der Grundwasserneubildung, über die Speicherung und Nutzung ephemerer Flüsse bis hin zur Optimierung der landwirtschaftlichen Wassernutzung werden die Wasserressourcen dieses ariden Gebiets in ihrem Gesamtsystem betrachtet und entsprechende Lösungsansätze entwickelt.
5 Regionen, 5 Schwerpunktthemen – in IWAS bilden diese ein gemeinsames Projekt: der Austausch zwischen den Projekten findet auf vielen Ebenen, auf direktem Wege statt. Hinzu kommen die beiden Querschnittsthemen zur Implementierung und zur Szenarienanalyse, die der besseren Integration der erarbeiteten Ergebnisse und Kompetenzen dienen.

Integration und Umsetzung: IWAS-Querschnittsvorhaben

Zur Erweiterung eines integrierten Systemverständnisses tragen alle regionalen Teilprojekte mit entsprechenden Daten und Modellbausteinen zur Entwicklung der IWAS-ToolBox bei, einer Modellierungsplattform, die eine integrierte Systembetrachtung und die Entwicklung von Zukunftsszenarien ermöglicht und Entscheidungen zu Implementierungsmaßnahmen unterstützen soll. Ziel ist die Entwicklung von effizienten, anwenderfreundlichen Werkzeugen für die Kopplung verschiedener Modelle. Langfristig sollen alle sinnvollen Kopplungen  der Anwendermodelle (z.B. verschiedener Kompartimente) ermöglicht werden, die von allen Anwendern der IWAS-Teilprojekte genutzt werden können.



Der Implementierungsanspruch der in den Teilprojekten entwickelten Konzepte und Technologien nimmt in IWAS eine prominente Rolle ein, die nicht zuletzt durch die enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft erfüllt wird. Ermöglicht wird die erfolgreiche, nachhaltige Implementierung  durch die Entwicklung von adäquaten Konzepten zum Wissenstransfer und zum Capacity Development (CD) der IWAS-Initiative. Anhand der regionalspezifischen CD-Konzepte werden, in Absprache mit den jeweiligen Partnern in den Regionalvorhaben, CD-Maßnahmen vorgeschlagen, die für die Verbesserung der Kompetenzen vor Ort notwendig sind. Solche Maßnahmen können unterschiedlicher Natur sein, und enthalten unter anderem die Aus- und Weiterbildung von Praktikern, die Unterstützung der wissenschaftlichen Ausbildung, Wissensaustausch und -Vermittlung oder den Austausch von wissenschaftlichem Personal. Konkret unterstützt IWAS bereits in seiner ersten Phase relevante Studiengänge in den Zielregionen (z.B. Master Course „Waste Management and Contaminated Sites Treatment“ an der Hanoi University of Science, Vietnam) und fördert den Wissenstransfer durch Doktoranden- und Wissenschaftleraustausch sowie angepasste E-Learning-Programme (in Entwicklung im Teilprojekt Mittlerer Osten).

Perspektive

IWAS stellt einen hohen Anspruch: es versucht den Spagat von Prozessforschung bis hin zur Implementierung von Ergebnissen aus Natur- und Sozialwissenschaften sowie Technologieentwicklung. Und dieser Spagat wird in fünf Weltregionen mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Ansprüchen gewagt. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, wurde IWAS von Beginn an so angelegt, dass Wirtschaftspartner Teil des Projektkonsortiums sind. Dies ermöglicht auch den Unternehmen die Erschließung attraktiver Wassermärkte in den Untersuchungsregionen. Zudem wurden Spezialisten dafür engagiert, strategische Konzepte zur erfolgreichen Implementierung der Ergebnisse zu entwickeln (Capacity Development), die einerseits Regionen übergreifenden Charakter haben, andererseits spezifisch auf die Bedürfnisse in den Regionen angepasst und spezifiziert werden. Daraus ergibt sich ein Portfolio aus Maßnahmen, die alle einer Methodik folgen und von Beginn des Projektes an mit den Regionalvorhaben zusammen entwickelt werden. Gleiches gilt für die Entwicklung der Modellierungs-ToolBox. Parallel zur Parametrisierung und Weiterentwicklung der Modelle in den Regionen, werden die benötigten Schnittstellen für die Kopplung verschiedener Modelle entwickelt und an die Regionen spezifischen Eigenheiten angepasst.
Dieses Konzept der Regionen übergreifenden Querschnittsvorhaben, die das Projekt von Beginn an begleiten, ist ein gutes Beispiel für ein nachhaltig geplantes IWRM-Projekt.

Zudem betrachtet IWAS die untersuchten Modellregionen und erarbeiteten Lösungen in vielen Punkten als exemplarisch für die jeweilige Region und das jeweilige Schwerpunktproblem. Die Ukraine kann als Modellregion für andere Regionen Osteuropas und der ehemaligen Sowjetunion dienen, die im Zuge der Anbindung an die EU zur Verbesserung der Gewässerqualität auf angepasste Lösungsansätze aus IWAS zurückgreifen können werden. Die Mongolei, als Beispiel für die dem kontinentalen Klima Zentralasiens ausgesetzten Länder, ist zudem, wie die Ukraine, überprägt durch die Transformationsprozesse nach dem Fall der Sowjetunion. Der Mittlere Osten: die behandelten Wasserprobleme in IWAS sind ein Exempel für aride Gebiete und in einigen Aspekten adaptierbar auf andere Regionen. Und schließlich stellen die untersuchten Probleme in Brasilien und Vietnam Beispiele wachsender Metropolen mit zunehmenden Problemen des Wassermangels und der Wasserallokation bzw. der Wasserverschmutzung dar.
In der Entwicklung einiger Technologien werden mehrere IWAS-Regionen berücksichtigt, um die Übertragbarkeit schon während der Projektlaufzeit pilothaft zu testen. So werden Biochar-Technologien, die der Wiederverwertung von Klärschlammfraktionen zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion dienen sollen und ursprünglich für semi-aride Gebiete entwickelt werden, in IWAS auch im Teilprojekt Ukraine getestet, um deren Anwendbarkeit für gemäßigte Klimate anzupassen.

Um der Komplexität und Langfristigkeit von Wasserproblemen mit Untersuchungen in adäquaten Zeitskalen gerecht zu werden, bemüht sich IWAS um eine Fortfinanzierung und strebt eine Institutionalisierung an.

Ansprechpartner

  • Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ

    • Prof. Dietrich Borchardt (Projektleitung UFZ); Dr. Darja Markova
    • Permoserstraße 15
    • 04318 Leipzig
    • Telefonnummer: +49 341 235 1671
    • E-Mail-Adresse: dietrich.borchardt@ufz.de
    • Homepage: http://www.ufz.de/
  • Technische Universität Dresden, Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft

    • Prof. Peter Krebs (Projektleitung TU Dresden); Jörg Seegert (Projektkoordination)
    • 01069 Dresden
    • Telefonnummer: +49 351 463 34616
    • E-Mail-Adresse: pkrebs@rcs.urz.tu-dresden.de
    • Homepage: http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/fakultaet_forst_geo_und_hydrowissenschaften/fachrichtung_wasserwesen/isiw/
  • Stadtentwässerung Dresden GmbH

    • Gunda Röstel
    • Scharfenberger Straße 152
    • 01139 Dresden
    • Telefonnummer: +49 351 822 2270
    • E-Mail-Adresse: gunda.roestel@se-dresden.de
    • Homepage: http://www.stadtentwaesserung-dresden.de/