Forschung

Integriertes Wasserressourcen-Management in Zentralasien: Modellregion Mongolei (MoMo) - Phase III

Wie kann ein nachhaltiger Umgang mit der Ressource Wasser vor dem Hintergrund zunehmender Nutzungsintensivität und extremer naturräumlicher Rahmenbedingungen gewährleistet werden? Dieser Herausforderung stellt sich ein Team aus Natur- und Sozialwissenschaftlern, Ingenieuren und Unternehmenspartnern im Rahmen eines Modellprojektes in der Mongolei.

Rahmenbedingungen

Die Mongolei steht – wie andere Länder in Zentralasien – bei der Sicherung ihrer Süßwasseressourcen vor großen Herausforderungen. Klimawandel, demographischer Wandel, großflächige Landnutzungsänderungen, Verschmutzungen aus dem Bergbau und veraltete Infrastrukturen der Wasserver- und -entsorgung führten in den letzten Jahren in vielen Regionen zu einer deutlichen Verschlechterung der Lebensbedingungen für die Bevölkerung und zu einem sich beschleunigenden Verlust aquatischer Ökosysteme.

Wesentliche Problemfelder in diesem Kontext sind:

• Rückläufiges Wasserdargebot im Kontext des globalen Wandels
• Wasserbelastung durch menschliche Eingriffe
• Unzureichende Versorgungsinfrastruktur in urbanen und ländlichen Räumen
• Unzureichende Umsetzung gesetzlicher Grundlagen und fragmentierte Institutionen

Zur Entwicklung und Implementierung von Lösungsansätzen arbeitet das MoMo-Projekt eng mit wissenschaftlichen Institutionen, Behörden und Wasserversorgungsunternehmen in der Zielregion zusammen. Im Jahr 2013 hat im Arbeitsgebiet zudem eine Flussgebietsbehörde die Arbeit aufgenommen, die zusammen mit dem MoMo-Projekt einen Bewirtschaftungsplan erarbeitet.

Der Kharaa bei Baruunkharaa im
Winter
 Kläranlage in Sharyngol

 

Zielsetzung des Projektes

Ziel des Projektes MoMo - Phase III ist die Umsetzung von Elementen eines Integrierten Wasserressourcen-Managements in der Modellregion sowie der Transfer von Methoden und Ergebnissen in vergleichbare Regionen Zentralasiens. Aufbauend auf den beiden vorangegangenen Projektphasen (2006 - 2014) sollen in der Phase III des Verbundprojekts (2015-2018) Ergebnisse in die Praxis überführt und angewandt werden. Die entwickelten Konzepte und Maßnahmen zielen darauf ab

• den Schutz von Wasserressourcen und Erhalt gewässerökologischer Funktionen zu erreichen;
• eine nachhaltige Gewährleistung der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung zu erzielen und 
• hierdurch einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der lokalen Bevölkerung leisten.

Ein IWRM-Konzept wird zunächst beispielhaft im Flusseinzugsgebiet des Kharaa entwickelt, angepasst und implementiert. Im Rahmen einer multilateralen und interdisziplinären Zusammenarbeit wird u.a. auch den spezifischen Rahmenbedingungen in unterschiedlichen Teilregionen des Einzugsgebiets Rechnung getragen. 

Projektstruktur

Um den komplexen Herausforderungen eines IWRM auf systematische Weise zu begegnen, ist das MoMo-Projekt in der Phase III in drei Themenmodule und ein Querschnittsmodul untergliedert:

Themenmodul "River Basin Management"

Die mongolische Regierung hat das Konzept des Integrierten Wasserressourcen-Managements zum Leitbild für die Bewirtschaftung der nationalen Wasserressourcen erklärt. Nun plant sie, für alle größeren Flusseinzugsgebiete Bewirtschaftungspläne zu entwickeln und umzusetzen. Das Projekt begleitet diesen Prozess: Zum einen stehen die Wissenschaftler im stetigen Dialog mit dem Mongolischen Ministerium für Umwelt und Tourismus, dem Nationalen Wasserkomitee sowie der für die Modellregion Kharaa zuständigen Flussgebietsbehörde und beraten diese bei den Planungen. Zum anderen untersuchen sie die mongolische „Wasser-Governance“, die zurzeit eine hoch-dynamische Entwicklung durchläuft. Mithilfe der Ergebnisse werden dann Schlussfolgerungen über förderliche Rahmenbedingungen im Bereich des Wassermanagements in der Mongolei bzw. in vergleichbaren Regionen Zentralasiens gezogen.

Themenmodul "Umweltmonitoring"

Die Mongolei steht vor zahlreiche Herausforderungen: Zunehmend wird das Wasser knapp, außerdem werden Flüsse und Grundwasser durch verstärkte Industrialisierung und die landesweite Ausweitung des Bergbaus verschmutzt. Hinzu kommt, dass Daten zum Zustand der Umwelt allgemein schlecht verfügbar sind. In den vergangen Jahren konnte das MoMo-Projekt wichtige Umweltdaten sammeln und analysieren. Die gesammelten Daten werden in der Phase III über ein webbasiertes Geoinformationssystem den mongolischen Anwendern und Entscheidungsträgern zur Verfügung gestellt und das Datenmanagement langfristig verankert. Zusätzlich werden umfangreiche Fortbildungsmaßnahmen im Bereich Umweltmonitoring durchgeführt.

Themenmodul "Wassertechnologien"

In der Mongolei sind städtische Siedlungen nicht nur die Schwerpunkte des Wasserverbrauchs sondern auch der Abwassereinleitungen in Oberflächengewässer. Verschärfend wirkt sich der schlechte Erhaltungszustand der zumeist aus den 1960er Jahren stammenden Infrastrukturen aus. Beispielsweise sind die in den vergangenen Jahrzehnten rapide gewachsenen informellen Jurtensiedlungen am Rande der Städte, die in der Regel nicht an zentrale Ver- und Entsorgungssysteme angeschlossen sind. Daher entwickelte das Projekt in den vergangen Jahren pilothaft Lösungen, um Leitungsverluste in urbanen Wasserverteilungssystemen zu reduzieren sowie um Abwasser zentral, semizentral und dezentral aufzubereiten. Diese Lösungen werden nun in größerem Maßstab umgesetzt; dabei wird auch untersucht, ob sie auf andere Regionen der Mongolei übertragbar sind.

Querschnittsaufgabe "Capacity Development"

Durch umfangreiche Ausbildungs- und Trainingsmaßnahmen werden die konzeptionellen und technischen Lösungen langfristig in der Mongolei verankert.

Status Quo

Bis zum Jahr 2014 konnten eine Reihe wichtiger Meilensteine im Projekt erreicht werden:

  • Ein innovatives Toilettensystem wurde in Pilothaushalten im 7. Bag der Stadt Darkhan eingeführt. Herzstück ist eine Trockenseparationstoilette namens iPIT. In diesem System werden Urin und Faeces separat gesammelt und zur Zentralkläranlage der Stadt befördert. In einem Folgeschritt wird Faeces als Ko-Substrat zur anaeroben Vergärung verwendet (Teilprojekt der Bauhaus Universität Weimar in der Phase II)
  • Eine SBR (sequence batch reactor) Pilot-Einheit wurde auf der Zentralkläranlage von Darkhan installiert und offiziell in Gegenwart einer mongolischen Regierungsdelegation im August 2011 eingeweiht. Erfahrungen aus dem Testbetrieb unter den Bedingungen des harten mongolischen Winters zeigen, dass diese Technologie für eine zukünftige Instandsetzung der gesamten Kläranlage geeignet ist.
  • Eine zweite Kläranlage wurde bei einem Kindergarten in Orkhon Sum gebaut und ist seit August 2011 ununterbrochen in Betrieb.
  • Eine Pflanzenkläranlage („constructed wetland“) wurde an der Technischen Universität (MUST) in Darkhan aufgebaut und war zwei Jahre für Forschungszwecke in Betrieb (Teilprojekt des UFZ in der Phase II).
  • Multiparametersonden wurden im Wasserversorgungssystem der Stadt Darkhan installiert und liefern Daten, die über das HydroDyn Modell ausgewertet werden. Dies erlaubt eine Leckortung in den Leitungen. Derzeit gehen etwa 50% des ins Verteilungsnetz eingespeisten Wassers verloren.

Capacity Development Aktivitäten wurden auf verschiedenen Ebenen durchgeführt und reichen von der allgemeinen Öffentlichkeit über den Bildungssektor zu Maßnahmen für die Beschäftigten im Wassersektor und in die Verwaltung. Für Studierende, Experten und Entscheidungsträger wurden Studienreisen nach Deutschland organisiert. Im September 2011 besuchten mehrere mongolische Regierungsdelegationen die Pilotanlagen des MoMo-Projekts, darunter auch der mongolische Minister für Natur, Umwelt und Tourismus (zusammen mit weiteren Angehörigen seines Ministeriums) sowie eine hochrangige Delegation des Ministeriums für Straßeninfrastruktur, Transport, Bau und Stadtentwicklung. Diese Delegationen sprachen ihr Interesse an einem weitergehenden Dialog bezüglich des Aufbaus eines landesweiten hydrologischen Monitoringsystems, Fragen der Siedlungswasserwirtschaft einschließlich der Sanitärversorgung, und der Relevanz der Ergebnisse für den Bergbau aus.

   

Feierliche Einweihung einer Kläranlage
in Orkhon Sum durch den
mongolischen Minister für Natur,
Umwelt und Tourismus

Die iPIT, eine innovative
Trockenseparationstoilette vor dem
Hintergrund einer konventionellen
Latrine

 

Transfer und Perspektiven

Ein Ziel MoMo-Projektes ist es, den Transfer wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse (i) zur Umsetzung im Realmaßstab (ii) zur Lösung vergleichbarer Probleme in anderen Regionen zu initiieren. Zum Ende der zweiten Projektphase hat das MoMo-Projekt

  • ein IWRM-Konzept für die Modellregion des Kharaa River entwickelt;
  • ein operatives Umweltmonitoring aufgebaut;
  • innovative Lösungen zur Wasser- und Sanitärversorgung im ländlichen und städtischen der der nördlichen Mongolei entwickelt.

Die wissenschaftliche Dokumentation, die im Rahmen des Projektes und in Kooperation mit hochrangigen Vertretern mongolischer Ministerien entwickelt wurde, unterstützt Planer und Entscheidungsträger in den Bereichen IWRM, Wasser- und Sanitärversorgung und dient der Politikberatung ebenso wie der Planung von Investitionen.

Ein erheblicher Teil der internationalen Investitionen in der Mongolei betrifft inzwischen den Bergbausektor. Dessen erheblicher Wasserbedarf steht im Gegensatz zur begrenzten Wasserverfügbarkeit im Umfeld vieler Lagerstätten. Dazu kommen Risiken chronischer wie auch plötzlicher Wasserbelastung. Projekterfahrungen aus dem Monitoring-Bereich sind in diesem Kontext hochgradig relevant.

Innovative Pilottechnologien, die im Kontext der städtischen und ländlichen Siedlungswasserwirtschaft eingesetzt werden, liefern operationale Lösungsansätze, die für die Planung und als Grundlage für Machbarkeitsstudien von Lösungen im Realmaßstab herangezogen werden können. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Kontext die Erfahrungen unter den extremen Klimabedingungen der nördlichen Mongolei. Ziel ist eine Anwendung und Multiplikation der Ergebnisse des MoMo-Projektes auch außerhalb des Kharaa-Einzugsgebiets, sowohl in der Mongolei als auch in anderen Staaten Zentralasiens. Großes Interesse wurde diesbezüglich bereits von mehreren mongolischen Behörden und Ministerien wie auch von potentiellen Partnern in Russland und Kazakhstan geäußert.

Video über das Projekt

Im Rahmen der Fördermaßnahme IWRM wurden aus den Verbundprojekten Mongolei, Vietnam und China animierte Filme produziert, in denen Technologien und Planungsinstrumente für eine nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser vorgestellt werden:

http://www.bmbf.wasserressourcen-management.de/de/840.php

Sprachversionen

Dokumente

  • Projektbroschüre

    [PDF - 5,23 MB]

    Broschüre zum MoMo-Projekt 2013 (URL: http://www.wasserressourcen-management.de/_media/MoMo_Broschuere_Nov2013_2ndEd.pdf)

Ansprechpartner

  • Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ

    • Prof. Dr. Dietrich Borchardt, Dr. Ralf Ibisch, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
    • Brückstr. 3a
    • 39114 Magdeburg
    • Telefonnummer: +49 391 810 9757, +49 391 810 9104
    • Faxnummer: +49 391 810 9111
    • E-Mail-Adresse: ralf.ibisch@ufz.de
  • Projektbüro in Ulan Bator

    • Dr. Saulyegul Avlyush, Büroleiter
    • Mongolian Academy of Sciences
    • E-Mail-Adresse: saulegul_a@daad-alumni.de
    • Homepage: http://www.mas.ac.mn/