Forschung

Integriertes Wasserressourcen-Management (IWRM) in Gunung Kidul, Java, Indonesien

Der Distrikt Gunung Kidul nahe der Großstadt Yogyakarta ist eines der ärmsten Gebiete Javas. Eine Ursache liegt im zerklüfteten Karstuntergrund, in dem Oberflächenwasser sofort versickert. Dies führt in der Trockenzeit zu Wassermangel, was z.B. den landwirtschaftlichen Ertrag beeinträchtigt. In einem bilateralen Vorhaben wurde daher ein unterirdischer Bewirtschaftungsspeicher errichtet und durch regenerative Wasserkraft Höhlenwasser gefördert. In dem Folgeprojekt soll jetzt neben der Erschließung der Wasservorkommen auch ein IWRM-Konzept für die optimierte Wasserverteilung, die Wasseraufbereitung und die Abwasserentsorgung entwickelt werden.

Problemstellung

Der Distrikt Gunung Kidul liegt an der Südküste der Insel Java ca. 100 km östlich der Großstadt Yogyakarta. Der Verwaltungsdistrikt ist der Sonderprovinz Yogyakarta untergeordnet und hat eine Fläche von ca. 3.000 km². Naturräumlich besteht Gunung Kidul aus drei Teilregionen: Eine Vulkankette, die den Distrikt nach Norden hin von den eigentlich für Java typischen fruchtbaren Reisbauebenen abgrenzt - im Zentrum das Wonosari Plateau, das an seinem nördlichen und östlichen Rand vom Flusslauf des Fluss Oyo begrenzt wird - und im Süden und Osten die Gunung Sewu („1000 Hügel“), eine durch tropische Erosion entstandene ca. 1.400 km² Karsthügellandschaft.

Aufgrund des verkarsteten Untergrundes ist Gunung Kidul durch einen akuten Wassermangel insbesondere während der Trockenzeit geprägt. Gleichzeitig existieren große unterirdische Wasserressourcen, die bisher weitgehend ungenutzt über ein weitreichendes Höhlensystem in den Indischen Ozean abfließen. Seit Jahrzehnten wurden von Seiten der indonesischen Regierung große Anstrengungen unternommen, die unterirdischen Wasserströme in Gunung Kidul nutzbar zu machen. Eine nachhaltige Lösung wurde nicht gefunden. Die derzeitigen Probleme betreffen nicht nur die Wasserquantität, sondern auch die Wasserqualität.

Obwohl bisher nur Stichproben aus den zur Verfügung stehenden Wasserquellen genommen werden konnten, ergeben sie doch ein sich mit den indonesischen Angaben deckendes Bild. Keines der untersuchten Wässer entspricht einer einwandfreien Trinkwasserqualität. Die Sanitärfrage scheint vor dem Hintergrund der Mangelsituation auf der Wasserversorgungsseite bei der Bevölkerung und der öffentlichen Verwaltung gegenwärtig geringere Priorität zu haben. Ausgereifte dezentrale oder gar zentrale Abwasserreinigung gibt es im Gebiet nicht.

Im Jahr 2002 wurde vom Institut für Wasser und Gewässerentwicklung (IWG) der Universität Karlsruhe ein vom BMBF gefördertes Projekt initiiert, mit dem Ziel, das Höhlenwasser über regenerative Wasserkraft zu fördern. Einer der möglichen, technologischen Ansätze wurde im Rahmen dieser deutsch-indonesischen Kooperation in der Höhle Gua Bribin erprobt. Ende Juli 2008 hat diese Demonstrationsanlage während eines Testbetriebs das erste Wasser über eine 100 m lange Steigleitung an die Oberfläche gefördert. Die damit absehbare Verbesserung der Versorgungssituation erhöht den Bedarf an Maßnahmen zur Abwasserentsorgung. Über die Aktivitäten der letzten Jahre, an denen auch deutsche und indonesische Industrieunternehmen beteiligt waren, wurde ein gut funktionierendes Netzwerk unter Einbeziehung aller bedeutenden regionalen und nationalen Behörden aufgebaut. Zudem bestehen intensive Kooperationen mit mehreren Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie enge Kontakte zur lokalen Bevölkerung und ansässigen NGOs. Schirmherr ist hierbei der Gouverneur der Yogyakarta Sonderprovinz Sri Sultan Hamengku Buwono X.

Zielsetzung

Der Bedarf an Entwicklungsarbeiten ist in Gunung Kidul in allen Bereichen des Wassersektors enorm. Ein IWRM muss alle Bereiche von der Trinkwassererschließung über die bauliche Infrastruktur zur Wasserverteilung bis hin zur Abwasserentsorgung unter Berücksichtigung der hydrologischen, hygienischen, ökologischen, sozialen und kulturellen sowie der betriebs- und volkswirtschaftlichen Randbedingungen und Folgewirkungen beinhalten. Ziel ist es, eine Versorgungssituation zu erreichen, die den WHO-Standards entspricht. Außerdem muss sich das IWRM mit den verschiedenen Nutzungsformen von Wasser (Trinkwasser, Brauchwasser, Bewässerung, etc.) befassen. Dabei ist es von besonderer Bedeutung, bei den Menschen in der Modellregion durch Aufklärungsarbeit und Schulungen, ein Bewusstsein für den nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser zu schaffen.

Lösungsansatz

Die Umsetzung des IWRM-Konzepts in Gunung Kidul soll im Rahmen eines Verbundforschungsprojektes mit 18 Institutionen (Projektpartnern) der Universitäten Karlsruhe und Gießen, des Forschungszentrums Karlsruhe sowie mehrerer Industriepartner in Zusammenarbeit mit indonesischen Partnern erfolgen. Es wurde bezogen auf die übergeordneten Arbeitspakete

  • Wasserdargebot
  • Wassermengenbewirtschaftung
  • Wasserverteilung, -aufbereitung und -gütesicherung
  • Abwasser-/Abfallbehandlung
  • Ökologische und sozioökonomische Bewertung/Technikfolgenabschätzung
  • Capacity-Building

von allen Fachdisziplinen der FuE-Bedarf definiert sowie ein Konzept zur Umsetzung der Arbeitsschwerpunkte in der Zielregion erarbeitet. Die Koordination und Schnittstelle zwischen den indonesischen Partnern wurde vom Institut für Wasser und Gewässerentwicklung (IWG) der Universität Karlsruhe übernommen.
Die Umsetzung technologischer Entwicklungen konzentriert sich u.a. auf die fachübergreifende Fortführung der begonnenen Aktivitäten im Bribin-System sowie die Realisierung einer alternativen Konzeption zur Wasser- und Energiebewirtschaftung des Höhlensystems Gua Seropan als zentrale Wasserquelle des Wonosari-Plateaus. Somit würden für die Multiplikation regenerativer Fördertechnologien in Karstgebieten zukünftig zwei sich ergänzende, wissenschaftlich und wirtschaftlich fundierte Konzepte mit entsprechendem praktischem Erfahrungsschatz in der Bauausführung zur Verfügung stehen. In Verknüpfung mit einer Optimierung der Verteilungssysteme Seropan und Bribin, dem Ausbau eines umfassenden Monitoringsystems zur Wassergütesicherung sowie der Installation angepasster Wasseraufbereitungsverfahren und Abwassertechnologien würde die nachhaltige Wasserversorgung für etwa 300.000 Menschen in der Zielregion sichergestellt werden. Die infrastrukturellen Maßnahmen sind durch die Entwicklung eines GIS-gestützten Wassermanagementsystems und dessen Implementierung bei der Wasserbehörde Gunung Kiduls zu begleiten. Des Weiteren trägt der partizipative Ansatz der Grundkonzeption des Projektes und die aktive Einbindung der ansässigen Bevölkerung in das geplante „Capacity-Building“ zum Schutz der Wasserressource im Wassereinzugsgebiet sowie der Einführung nachhaltiger Nutzungsformen bei.

Perspektive

Die Erfahrungen aus den laufenden Projektaktivitäten sowie die große Resonanz umliegender Regionen lässt bereits heute die Wirkung eines zukünftigen IWRM in Gunung Kidul als „Leuchtturmprojekt“ erahnen. Eine Vielzahl an Forschungsergebnissen des IWRM-Projektes werden sich auch auf Gegenden mit nicht verkarstetem Untergrund übertragen lassen. Insgesamt wird somit ein bedeutender Beitrag zur Lösung weltweit existierender Wasserknappheit geliefert. Für deutsche Unternehmen ergeben sich hierbei weit reichende Marktchancen. Nicht zuletzt wird das Projekt auch die interkulturelle Verständigung fördern.

Dokumente

Ansprechpartner

  • Universität Karlsruhe (TH), Institut für Wasser und Gewässerentwicklung (IWG), Bereich Wasserwirtschaft und Kulturtechnik (WK), Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

    • Prof. Dr.-Ing. Franz Nestmann, Dr.-Ing. Peter Oberle, Dr.-Ing. Muhammad Ikhwan
    • Kaiserstraße 12
    • 76131 Karlsruhe
    • Telefonnummer: +49 721 608-8094/-2193
    • Faxnummer: +49 721 661-634
    • E-Mail-Adresse: peter.oberle@kit.edu